Ein lauwarmer Planet mit Läusen

Henri Roorda

Wie wäre es, wenn wir uns spontan anlächeln würden, unbesehen um Ideen von Fremdheit und Nationalität? Solchen Fragen geht Henri Roorda in einem kleinen Essay nach, den er mit dem Titel »Mein sentimentaler Internationalismus« versehen hat. Wie viel mehr Sorglosigkeit wäre möglich als in der vorsichtigen und ängstlich sich abgrenzenden Gesellschaft, die wir heute noch kennen?

Grundlegende Überlegungen über das menschliche Zusammenleben stellt Roorda auch im zweiten hier vorgestellten Essay an, bei dem es um die »Vernebelung der Gehirne« geht. Je nachdem bezeichnet man den Vorgang als Beeinflussung, Indoktrinierung oder Manipulation, und meist wird er von den Betroffenen selbst erst im Nachhinein als solcher erkannt … Vor bald hundert Jahren hat Henri Roorda mit dem ihm eigenen Scharfblick und Humor das Phänomen unter die Lupe genommen und das Zeitlose daraus herausgefiltert. Unverbraucht aktuell!

»Ich möchte gerne wissen, ob meine ausgeprägte Vorliebe für den Frieden einzig ein Zeichen der Schwäche, oder ob meine Sensibilität die normale Sensibilität des modernen zivilisierten Menschen ist.«

»Wer seine Prosa publiziert, ist oft ohne sein Wissen von einem Bekehrungseifer beseelt. Es kann sein, dass diese Broschüre gegen jemanden gerichtet ist. Würde man mich zwingen, in mir eine kriegerische Absicht aufzudecken, würde ich sagen: Es wäre mir ganz besonders angenehm, den Fanatikern zu missfallen.«

»Lasst uns also, um die Ankunft dieses hypothetischen Tages etwas voranzutreiben, an dem der Mensch keine Angst mehr vor dem Menschen haben wird, unverdrossen den Boden für gastfreundliche Geister und hasslose Herzen bereiten.«

»Als Erstes sei darauf hingewiesen, dass das Wort nicht das Abbild der Sache ist, die es bezeichnet. Was das Wort unendlich kostbar macht, mehr als alles Übrige, ist seine Aussagekraft. In manchen Fällen reicht ein einziges Wort, um uns das Schauspiel in Erinnerung zu rufen, dem wir einst beigewohnt, und die Gefühle, die wir dabei empfunden haben. Ein einziges Wort kann uns zum Lachen oder zum Weinen bringen. Doch oft wird man es nicht schaffen, und seien die Worte noch so gut gewählt, uns eine genaue Idee von etwas zu vermitteln, was uns völlig unbekannt ist.«

»In unserem Denken laufen nur die gewohnten Bewegungen mit ungezwungener Leichtigkeit ab. Oft müssen wir uns anstrengen, um die einleuchtendsten Erklärungen zu verstehen. Wörter sind keine Fotografien: Neue Dinge zeigen sie uns nicht.« (Henri Roorda)

Yla M. von Dach hat aus dem Französischen übersetzt.

Von Henri Roorda erschienen im verlag die brotsuppe ebenso: Mein Selbstmord und Das denkelnde Schilfrohr.